Nachdem ich jahrelang standhaft versucht hatte, mich von der neuen deutschen Rechtschreibung nicht verwirren zu lassen bzw. sie geflissentlich zu ignorieren, in der Hoffnung, dass doch alles wieder rückgängig gemacht werden würde, beschloss ich dann doch irgendwann, etwas gegen meine Ungewissheit zu unternehmen und meldete mich, nach einigem Hin und Her, im Januar dieses Jahres bei dem BDÜ-Seminar zum Thema „Neue deutsche Rechtschreibung/ Techniken des Korrekturlesens“ der Referentin Lisa Walgenbach in Mainz an.
Da es von meinem Heimatort bis Mainz gute 200 km Entfernung sind, reiste ich schon einen Tag früher an und blieb auch noch die Nacht nach dem Seminar dort. Mainz hat eine sehr schöne Altstadt, die ich ausgiebig erkunden wollte. Das Seminar fand im Erbacher Hof statt, einem Tagungszentrum des Bistums Mainz und direkt am Mainzer Dom gelegen. Ich hatte ein Zimmer im vierten Stock und konnte somit von meiner kleinen Dachterrasse aus über die Dächer von Mainz blicken und ebenso auf den wunderschönen Dom! Das war herrlich, zumal das Wetter mitspielte und die Sonne mit aller Kraft über dem klaren blauen Himmel schien und es zum ersten Mal in diesem Jahr richtig frühlingshaft war.
Am Tag meiner Ankunft machte ich am Nachmittag noch einen Erkundungsspaziergang, den ich mir von der Mainzer Homepage heruntergeladen und ausgedruckt hatte. Dieser Gang führte mich vom Gutenbergplatz am Gutenbergdenkmal und Mainzer Stadttheater weiter über das Höfchen zum Markplatz, wo gerade ein wunderbarer Wochenmarkt stattfand. Dann in den Dom, der in romanischer Bauweise erhaben über Mainz thront. Wieder aus dem Dom heraus, am Marktbrunnen vorbei zum Liebfrauenplatz. Am Gutenbergmuseum vorbei durch die Fischergasse zum Eisenturm, danach zum am Rheinufer gelegenen Rathaus. Ein Stück am Rhein entlang, die Weite genießen. Dann wieder zurück in die Altstadt mit Algesheimer Hof (in dem Gutenberg bis zu seinem Tod lebte), St. Christoph, St. Quintin und Alte Universität, dann war ich wieder in der Nähe des Ausgangspunkts.
Das Seminar am nächsten Tag fand im Haus am Dom direkt am Liebfrauenplatz statt, wo Samstags immer das Mainzer Winzerfrühstück stattfindet und das bedeutet Halligalli und Angeheiterte den ganzen Tag lang. Wir haben uns davon nicht beirren lassen und unser Seminar konzentriert durchgezogen. Anhand eines hervorragend strukturierten Skripts erarbeiteten wir uns am Vormittag die Rechtschreibreform mit den Bereichen
1 Worttrennung am Zeilenende
2 Zeichensetzung
3 Laut-Buchstaben-Zuordnung
4 Getrennt- und Zusammenschreibung
5 Schreibung mit Bindestrich
6 Groß- und Kleinschreibung.
Nach einem ausgezeichneten Mittagessen im Erbacher Hof stand am Nachmittag das effiziente Korrekturlesen auf dem Plan. Das Thema ist so umfangreich, dass es nicht möglich war, das gesamte Skript durchzuarbeiten, doch wir bekamen eine Checkliste mit den nötigen Arbeitsschritten, ansonsten bleibt es jedem selbst überlassen, sich das Skript in eigenständiger Arbeit anzueignen. Es gab natürlich viele Zwischenfragen der Teilnehmer, so dass sich eine teilweise rege Diskussion entspann. Trotzdem konnten wir am Ende pünktlich aufhören, so dass mir noch eine halbe Stunde blieb, um das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum zu besuchen, in dem gerade die Sonderausstellung über Zeugnisse der frühmittelalterlichen Schriftkultur in Mainz stattfand.
Am Abend versuchte ich noch, die Stephanskirche zu besichtigen, in der ein paar schöne Fenster von Chagall zu bewundern sind. Leider war gerade Messe, so dass ich nur einen ganz kurzen Blick darauf erhaschen konnte.
Abschließend genoss ich noch die Kneipenszene in Mainz und war dann zum Schluss ziemlich geschafft, aber auch sehr glücklich.
Fazit des Tages: Manchmal tut es einfach nur gut, einmal die eigenen vier Wände zu verlassen, in denen man sich als Freiberufler zuweilen viel zu viel aufhält, und sich fortzubilden und dabei noch eine neue Stadt und nette Kolleginnen kennenzulernen.
Hallo Bärbel,
vielen Dank für den netten Artikel! Ich überlege, nächsten Monat an einer Neuauflage dieses BDÜ-Seminars mit Lisa Walgenbach teilzunehmen. Wie war denn das Seminar und die Referentin selbst? Hat es sich gelohnt?
Viele Grüße,
Eva
Hallo Eva,
das finde ich ja toll, dass ich Feedback zu einem meiner Artikel bekomme!
Zum Seminar: Ja, es hat sich auf jeden Fall gelohnt, v.a. für jemanden wie mich, der die neue deutsche Rechtschreibung jahrelang geflissentlich ignoriert hat, in der Hoffnung, sie möge irgendwann wieder zurückgenommen werden. Das Seminar war gut strukturiert und übersichtlich, die Referentin mitunter recht streng, v.a. bei Rückfragen (die sie dann öfter mal auf später verschieben musste, weil die Frage dann sowieso noch beantwortet würde oder weil es gerade nicht reingepasst hat). Das Thema ist umfangreich, daher musste sie sich ziemlich sputen und man musste auch wirklich nonstop aufpassen, um nicht den roten Faden zu verlieren. Aber es hat sich auf jeden Fall für mich gelohnt, nicht zuletzt wegen des Skripts, das ich noch heute sehr oft als Nachschlagewerk zusätzlich zum Duden verwende. Außerdem habe ich auch teilweise wegen dieses Seminars einen Job als Korrekturleserin bei unserer Tageszeitung bekommen! Vor diesem Seminar hätte ich mich wahrscheinlich nicht auf einen solchen Job beworben.
Also ich kann das Seminar empfehlen, wenn man ernsthaft an der Sache interessiert ist und auch bereit ist mitzuarbeiten (denn im zweiten Teil am Nachmittag werden auch Übungen gemacht).
Viele Grüße
Bärbel